Roland Berger

Stillstand im Innovationsranking

Kaum eine Rede von Bundeskanzler Merz oder seiner Regierungsmitglieder, in der nicht ein neuer Wirtschaftsaufschwung beschworen und auf die in der Hightech-Agenda aufgeführten identifizierten Schlüsseltechnologien verwiesen wird. Unter anderem die Biotechnologie findet darin Platz und sich somit regelmäßig in den Papieren und Reden wieder. Doch im aktuellen Innovationsranking des globalen Wettbewerbs sieht man den Abstand zu den führenden Ländern weiterhin deutlich – auch und gerade in der Biotechnologie. Führend bleibt ein Trio kleinerer Länder: die Schweiz, Singapur und Dänemark.

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Deutschland verliert im internationalen Innovationswettbewerb weiter an Boden. Im Innovationsindikator 2025, den der BDI und Roland Berger in Berlin vorgestellt haben, verharrt die Bundesrepublik wie im Vorjahr auf Rang 12. Währenddessen holen die USA, Großbritannien und Frankreich spürbar auf. Besonders deutlich wird die Schwäche bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) der Unternehmen: Sie wachsen langsamer als in anderen führenden Volkswirtschaften, vor allem bei der Digitalisierung.

Seit 2005 vergleicht der Innovationsindikator die Innovationsfähigkeit von 35 Ländern. Auch in diesem Jahr dominieren spezialisierte Volkswirtschaften das Ranking: Die Schweiz liegt erneut auf Platz 1, gefolgt von Singapur und Dänemark.

Stärken bei Materialien – Schwächen bei Zukunftstechnologien

In vier von sieben Schlüsseltechnologiefeldern zählt Deutschland zur Spitzengruppe. Hervor sticht die Kreislaufwirtschaft, in der die Bundesrepublik weltweit führend ist. Doch aktuell klingt es aus der laufenden Haushaltsdebatte gerade danach, dass sowohl im BMFTR als auch im BMWE dem Bereich Bioökonomie Kürzungen um mehrere Millionen Euro drohen, was immerhin ein Minus von rund 15% darstellten würde. Auf der erworbenen Führungsposition wird man sich so eventuell nicht halten können.

Doch in anderen zentralen Zukunftsbereichen zeigt sich ein ernüchterndes Bild: Platz 7 bei digitaler Hardware, Platz 10 bei digitaler Vernetzung und nur Platz 15 in der Biotechnologie allgemein. Die mangelnde Digitalisierung der Industrie und der geringe Anteil computerimplementierter Erfindungen gefährden die Wettbewerbsfähigkeit von Kernbranchen wie Maschinenbau und Automobilindustrie.

BDI-Präsident Peter Leibinger fordert deshalb einen grundlegenden Neustart der Innovationspolitik: Deutschland müsse sich große Ziele setzen – etwa einen funktionierenden Fusionsreaktor bis 2040 – und eigene KI-Basismodelle entwickeln. Dafür brauche es ambitionierte Roadmaps und einen integrierten europäischen Kapitalmarkt.

Forschung top – Verwertung flop

Besonders deutlich wird das Defizit in der Umsetzung: Beim Indikator „Effizienz“ erreicht Deutschland zwar Platz 6, liefert aber ein zwiespältiges Bild. Die Wissensgenerierung liegt bei 100 Prozent, doch die Kommerzialisierungseffizienz lediglich bei 61 Prozent. Forschung exzellent, wirtschaftliche Umsetzung mittelmäßig – ein strukturelles Problem, das etwa die USA deutlich besser lösen.

Roland-Berger-Chef Stefan Schaible mahnt deshalb tiefgreifende Reformen an: schnellerer Technologietransfer, mehr Wagniskapital, weniger Bürokratie und stärkere Investitionen in digitale Schlüsseltechnologien. Auch hier klingen die Signale aus der Haushaltsdebatte in Teilen anders: für den Bereich Technologietransfer sollen einige Millionen Förderung wegfallen.

Offenheit und Nachhaltigkeit: Zwei zusätzliche Baustellen

Beim Offenheitsindex landet Deutschland nur auf Platz 13. Gesellschaftliche Zurückhaltung gegenüber neuen Technologien bremst zusätzlich. Zwar sind Wirtschaft und Wissenschaft international gut vernetzt, doch ein generell offeneres Innovationsklima bleibt aus.

Im Nachhaltigkeitsranking fällt Deutschland von Platz 3 auf Platz 7 zurück. Schwächen zeigen sich bei grünen Technologien, energiebezogenen F&E-Ausgaben und dem Export nachhaltiger Produkte. Währenddessen macht China einen bemerkenswerten Sprung nach vorn – von Rang 20 auf Rang 5.

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